Landes- und Kommunalebene im Austausch: Landrat Dr. Fiedler, Bürgermeister Wörner, Landesministerin Gentges und Bürgermeister Dold (v.l.) trafen sich am Freitag in Pfullingen.
Reaktion auf offenen Brief: Bürgermeister und Landrat treffen Migrationsministerin Gentges in Pfullingen
Pfullingen/Kreis Reutlingen. Am vergangenen Freitag war Marion Gentges, baden-württembergische Landesministerin für Justiz und Migration, vor allen Dingen aufgrund ihrer zweiten Verantwortlichkeit in Pfullingen zu Gast. Der Hintergrund: Vor einigen Wochen hatten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landkreises gemeinsam mit Landrat Dr. Fiedler Gentges in einem offenen Brief bezüglich ihrer Not bei der Unterbringung von Geflüchteten angeschrieben –Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte das Schreiben ebenfalls erhalten.
Marion Gentges reagierte: Neben einem Antwortschreiben bekamen die Stadtoberhäupter auch einen persönlichen Besuch abgestattet. Am Freitagnachmittag trafen sich so die Ministerin, Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner, sein Pliezhäuser Amtskollege Christof Dold, gleichzeitig Vorsitzender des Kreisverbands, sowie Landrat Dr. Ulrich Fiedler im Pfullinger Rathaus, um sich über die aktuelle Lage auszutauschen. Die Kommunalvertreter beschrieben die angespannte Situation in ihren Städten bzw. im Kreis und wiesen darauf hin, dass der stetig steigenden Zahl an Zuweisungen einem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt mit weiter zur Neige gehendem Wohnraum gegenüberstehe – die Botschaft: Bei uns vor Ort werden aktuell die Grenzen des Machbaren erreicht.
Darüber, dass die steigenden Zahlen die größte Herausforderung darstellen, bestand Einigkeit zwischen Landes- und Kommunalebene – fehlende Unterbringungsmöglichkeiten, fehlende Betreuungsplätze und fehlende Integrationskurse sind die Probleme im Geleitzug. Auf der anderen Seite richteten die beiden Bürgermeister und der Landrat ihre Forderungen sehr wohl auch an die Landesregierung. Es brauche mehr finanzielle Unterstützung; die Weiterverteilung Geflüchteter an die Kommunen sollte erst dann erfolgen, wenn eine Bleibeperspektive bestehe; bürokratische Hürden beim Bau von Wohnraum und Kitas sowie beim Einrichten von Sprach- und Integrationskursen müssten fallen – um nur ein paar zu nennen.
Marion Gentges signalisierte Verständnis und bot an, weiterhin im Dialog zu bleiben. Städte und Landkreis sollen konkrete Möglichkeiten zur Entbürokratisierung, die ihnen in der täglichen Praxis auffallen, direkt nach Stuttgart melden – die Anliegen würden in jedem Falle bei den richtigen Ansprechpartnern landen, so das Versprechen der Ministerin.
Die Stimmen zum gemeinsamen Austausch:
Ministerin Gentges: „Unsere Kommunen sind stark – das sieht man bereits daran, welche immensen Anstrengungen und Leistungen die Menschen vor Ort bereits unternommen haben. Aber bei dieser Großaufgabe und den hohen Zugangszahlen an Geflüchteten stoßen wir auf allen Ebenen an unsere Grenzen.
Umso dankbarer bin ich über den vertrauensvollen Austausch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und dem Landrat des Landkreises Reutlingen – denn nur gemeinsam können wir diese Mammutaufgabe bewältigen.“
Bürgermeister Wörner: „Es hat mich sehr gefreut, dass die Ministerin den Weg nach Pfullingen gefunden und das offene Gespräch mit uns auf kommunaler Ebene gesucht hat. Wir haben die Gelegenheit genutzt, ihr von der Situation vor Ort zu berichten – von der Sondersituation Schönberghalle im vergangenen Jahr, unseren vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräften bei der Integration und unseren Bemühungen bei der Akquise und dem Bau von Wohnungen. Insbesondere zur Schaffung von Wohnraum und von Kindergartenbetreuungsplätzen benötigen wir finanzielle Unterstützung vom Land und darüber hinaus den Abbau von bürokratischen Hürden. Nur in einem abgestimmten Miteinander aller staatlichen Ebenen können die aktuellen Herausforderungen auch künftig gemeistert werden.“
Bürgermeister Dold: „Dass wir als Kreisverband einen offenen Brief im Namen aller Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verfasst haben, inklusive der Unterstützung des Landrats, zeigt die Not in unseren Kommunen ganz deutlich auf – davon sollte ein klares Signal ausgehen. Die Ministerin hat dieses ernst genommen und für die Zeit, die sie uns in dem gemeinsamen Gespräch gewidmet hat, bin ich ihr sehr dankbar. Nun gilt es, dass wir tatsächliche Verbesserungen vor Ort schaffen. Am Ende des Tages wollen wir alle, dass die Aufnahme von Geflüchteten gelingt – das ist Verpflichtung und Chance für unsere Gesellschaft. Gut gelingen kann das jedoch nur im echten Schulterschluss aller staatlicher Ebenen.“
Landrat Dr. Fiedler: „Es ist gut zu wissen, dass wir gehört werden. Das Land hat unser gemeinsames Schreiben nicht nur wahrgenommen, sondern Ministerin Marion Gentges ist persönlich zu einem Austausch zu uns in den Landkreis Reutlingen gekommen. Das ist ein wichtiges Zeichen: Wir gehen die Herausforderungen beim Thema Migration gemeinsam an und suchen nach Lösungen. Entscheidend wird sein, dass es nicht bei einem Zeichen bleibt und die richtigen Weichen gestellt werden, um uns Kommunen zu helfen.“